Lernen beim Flicken

Da es in meinem Beruf in der Schweiz keine Meisterausbildung gibt, basiert Weiterbildung auf den Workshops der IGK SCHWEIZ und dem Austausch unter Kollegen. Eine spezielle Form dieses Austausches stellen Reparaturen dar. Sie geben einem immer wieder Gelegenheit, den Meistern vergangener Generationen auf die Finger zu schauen. Manchen Kniff und nicht wenige Finessen habe ich bei der Analyse von Geflechten, die ich reparieren konnte, gelernt.

Korb mit den ersetzten Deckeln – Panier avec les couvercles remplacés

So auch beim vorliegenden Zweideckelkorb, der neben einigen Lücken in den Strohborten und der gelösten Bindung des Bodens vor allem zwei kaputte Deckel aufwies. Deren Rahmen waren gebrochen und damit mehr nicht zu retten. Zum Glück hatte ich vor langer Zeit von Bernard Verdet ein paar Strangen Strohborten erhalten. Die konnte ich hier nun einsetzen. Zwar waren sowohl im Korb, als auch im Deckel etwa 4 cm breite Borten verwendet worden, die ich so nicht ersetzen konnte. Aber in meinem Vorrat befand sich eine kleine Strange aus 2 cm breiter gefärbter Borte. Damit liess sich die Lücke im Korb einfach in zwei Touren schliessen, die ich gegenläufig flocht und die somit stabiler war als die eine Tour mit dem breiten Band. Das gleiche System wandte ich auch beim Deckel an der Stelle der breiten Borte an. Deckel für Zweideckelkörbe hatte ich bei meinen Trachtenkörbchen schon genug gemacht und dabei auch wacker von den Ahnen gelernt. Das war hier also kein Thema. Aber die Art, wie die Fläche des Deckels ausgeflochten war, hatte ich zwar schon öfter mal gesehen, aber noch nie genauer angeschaut.

Neue Deckel vor dem Färben – Nouveaux couvercles avant la coloration

Das Geflecht war im Wechsel von Strohborten und einem feinen geräuchten Peddigfaden geflochten. Und zwar so, der Peddig immer bei der einen Stake oben war und die Strohborte bei der anderen. Das war nur mit einer speziellen Wende auf der Rückseite zu machen.

Nach der dritten Kimme aus Weiden, die an den Streifen mit dem Breiten Band anschloss, begann ich mit zwei Touren mit dem Peddigfaden. Ich setzte ihn so ein, dass er nach der zweiten Tour von hinten um den Rahmen lief. Ich zog ihn vorne um den Rahmen und legte ihn wieder nach hinten. Nun setzte ich auf der anderen Seite die Strohborte so ein, dass sie immer bei den Staken vorne verlief, wo der Peddig hinten war. Sie kam  also beim Rahmen vorne drüber wo der Peddigfaden sie hinten erwartete. Ich zog sie also straff um den Rahmen nach hinten und drehte den Deckel. Dort zog ich nun den Peddig satt über die Borte nach oben, umholte den Rahmen und konnte so den Faden in der gleichen Lage wie vorher zurückflechten. Die Strohborte konnte ich nun sorgfältig um den Peddigfaden wenden und auch sie konnte nach diesen Wendungen immer in der gleichen Lage geflochten werden.  Auf diese Weise habe ich die Fläche gefüllt, bis die Strohborte zu breit war für eine letzte Tour. Dann habe ich die Lücke mit dem Peddigfaden im Zäunergeflecht gefüllt und eine dicke gespaltene Weide als Blende auf den Rahmen genagelt und die Nägel mit der Wicklung einer Weidenschiene abgedeckt.

Wendung des Peddigfadens hinter der Strohborte – Retournement du fil de rotin derrière la bande de paille

Wendung der Strohborte – Retournement de la bande de paille

 

 

 

Unterseite des Deckels mit Wendungen der Strohborten – Dessous du couvercle avec retournement des bandes de paille

Die Deckel hatten eine ungerade Anzahl Staken. Nur so kommt der Faden immer auf der linken Seite so auf den Rahmen wie er recht weg gefahren ist.

Ich habe darauf geachtet, einen aussergewöhnlich langen Peddigfaden zu verwenden, damit ich ihn während der Arbeit mit den Strohborten nicht auswechseln musste. Aber als er beim einen Deckel gebrochen ist, konnte ich ihn beim Rahmen einstecken und durch umlegen (wie bei Wickelungen mit Schienen) ersetzen.

Die Kundin erhielt dann erst mal ein Foto nach vollendeter Flechtarbeit. Sie wünschte dann, dass ich das neue Geflecht etwas abtöne, was mit einem gefärbten Öl erstaunlich gut gelang.

Zweideckelkorb: Repariert und Deckel ersetzt – Panier à deux couvercles : Réparé et couvercles remplacés