Weiden einweichen «à la Clairière»

Dieser Text wurde für das Buch zum 40-Jahr-Jubiläum der Fondation la Clairière in Chamby verfasst.

La Clairière im Winter 2013 – En hiver 2013

Ungeschälte Weiden sind für Anfänger am einfachsten zu verarbeiten und darum ist es klar, dass für die Epoche auf la Clairière auch dieses Material zum Einsatz kommt. Das Problem ist nur, dass diese Weiden während zwei Wochen eingeweicht werden müssen. Ich kann aber von Langenthal nicht extra zum Einweichen nach Chamby fahren und die Weiden auch nicht im Zug mitbringen. Also kaufe ich jeweils etwa für zwei Jahre einen Vorrat ein und seit 35 Jahren übernimmt A. das Einweichen. Das klappt in der Regel hervorragend. Leider ist die Erinnerung so ungerecht, dass am Ende die wenigen Unfälle besser im Gedächtnis haften bleiben, als die Zuverlässigkeit im grauen Alltag. So hatte A. in einem der frühen Jahre vergessen, dass er nur die rohen Weiden aufweichen muss und legte gleich auch die ganze Ladung weisser Weiden (Einweichzeit rund 1 Std.) mit ins Wasser. Besonders unglücklich war, dass ihm im Laufe der zwei Wochen noch eine Büchse mit Motorenöl ins Wasser fiel. Da die weissen Weiden nach dieser Prozedur unmöglich noch für spätere Jahre aufbehalten werden konnten, flocht ich jeden Abend noch Papierkörbe und ähnliches, um möglichst viel davon zu verwerten. Nach dieser Arbeit waren meine Hände und Schleimhäute derart mit dem Ölgeruch gesättigt, dass ich mich unmöglich ins Bett legen konnte, ohne vorher noch eine Zigarette zu rauchen.

Arbeiten aus der Flechtepoche – Des travaux produits pendant la periode.

Ganz aktuell ist der Unfall von 2021: A. hatte die Weiden zuverlässig ins Wasser gelegt und den Trog mit einem Brett gedeckt, sodass niemand merkte, wie das Wasser langsam durch einen kleinen Spalt entwich. Als ich am Morgen vor der Epoche den Deckel hob, war der Wasserstand bei etwa 5 cm und die meisten Weiden noch ziemlich trocken. R., der mit Sachverstand und Improvisationsgabe den Trog notdürftig reparierte und warmes Wasser organisierte, sowie das Glück, dass die feinsten Weiden zuunterst als einzige wirklich weich geworden waren, verhalfen der Epoche zu einem Start mit minimaler Verzögerung.

Aber ich habe in der Zusammenarbeit mit A. nicht nur diverse Abenteuerchen erlebt, sondern auch dazugelernt. In der Ausbildung zum Korbflechter lernt man, dass ungeschälte Weiden nicht mehrmals aufgeweicht werden können. Da die Jugendlichen nicht jedes Jahr gleich produktiv waren und das Material nicht kurzfristig aufgeweicht werden konnte, fiel bei jeder Epoche ziemlich fiel Abfall an. Um diesen zu reduzieren, hörte A. irgendwann auf, diese Weiden zu verbrennen, sondern weichte sie im folgenden Jahr wieder auf. Am Anfang war der Erfolg bescheiden, weil er die sie einfach fest zusammengebunden einlagerte und dabei ein grosser Teil verschimmelte. Weil es aber immer einen Teil gab, den man noch gebrauchen konnte, experimentierten wir weiter und fanden wir mit der Zeit heraus, dass sorgfältig getrocknete rohe Weiden ein zweites Mal aufgeweicht werden können. Nachher aber ist Schluss. Nach dem dritten Mal sind die Weiden endgültig hinüber.

Arbeiten aus der Flechtepoche – Des travaux produits pendant la periode.

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